18. Dezember 2025
ca. 7 min
Studentische Arbeitszeiten verhandeln - So geht's!

Studium und Job unter einen Hut zu bringen bedeutet oft Jonglieren mit Vorlesungen, Prüfungen und Arbeitszeiten. Die Realität zeigt: Rund 60% der internationalen Studierenden in Deutschland arbeiten neben dem Studium, bei deutschen Studierenden sind es etwa 50-60%. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit liegt dabei zwischen 10 und 20 Stunden. Diese Zahlen verdeutlichen, dass studentische Jobs zum Hochschulalltag gehören – und damit auch die Notwendigkeit, Arbeitszeiten mit dem Studienpensum in Einklang zu bringen.
Die gute Nachricht: Als studentischer Mitarbeiter kannst du deine Arbeitszeiten aktiv mitgestalten. Arbeitgeber schätzen motivierte Studierende und zeigen sich häufig kompromissbereit, wenn du überzeugend argumentierst und ihre Planungsbedürfnisse berücksichtigst.
Warum Arbeitszeiten als studentischer Mitarbeiter verhandelt werden können
Flexible Arbeitsmodelle liegen im Interesse beider Seiten. Zufriedene Mitarbeiter arbeiten produktiver und bleiben dem Unternehmen länger erhalten. Besonders in Branchen mit Fachkräftemangel – wie IT und Ingenieurwesen, wo 35% aller Bachelorabsolventen ihr Studium abschließen – sind Arbeitgeber oft bereit, Studierenden entgegenzukommen. Wenn du deine akademischen Verpflichtungen erfüllen kannst, profitiert auch dein Arbeitgeber von besserer Leistung und geringerer Fluktuation.
Deine Verhandlungsposition: Stärken kennen und nutzen
Deine Qualifikationen, Zuverlässigkeit und Motivation bilden deine Verhandlungsbasis. HR-Experten betonen, dass Arbeitgeber drei Hauptsorgen haben: Planungssicherheit, Compliance-Risiken und Einarbeitungskosten. Wenn du zeigst, dass deine Vorschläge diese Aspekte berücksichtigen – etwa durch feste Kernarbeitszeiten oder mehr Stunden in Semesterferien – stärkst du deine Position erheblich.
Rechtliche Grundlagen: Was ist verhandelbar?
Arbeitsrecht-Spezialisten raten, die gesetzlichen Rahmenbedingungen als Verhandlungsbasis zu nutzen. In Deutschland gilt die tägliche Arbeitszeit von maximal 8 Stunden, erweiterbar auf 10 Stunden bei entsprechendem Ausgleich. Für internationale Studierende kommt die Begrenzung auf 140 Volltage oder 280 Halbtage pro Jahr hinzu.
Dieses Wissen zeigt dem Arbeitgeber, dass du rechtlich informiert und risikobewusst bist – ein wichtiger Vertrauensfaktor.
Vorbereitung auf das Verhandlungsgespräch
Analyse deiner aktuellen Situation
Verschaffe dir Klarheit über deine Prioritäten. Wie viele Stunden kannst du realistisch arbeiten? Welche Zeiten kollidieren mit Vorlesungen oder Lernphasen? Typische Modelle in der Praxis sind 12–15 Stunden während des Semesters und 30–40 Stunden in den Semesterferien. Viele Arbeitgeber nutzen inzwischen digitale Tools, um Arbeitszeiten effizient zu erfassen und zu planen.Zum Beispiel die Zeiterfassungs-Software wie Lucca Timesheet ermöglicht es gegebenenfalls, Arbeitszeiten direkt zu dokumentieren, Überstunden automatisch zu berechnen und projekt- oder aufgabenbezogen zu erfassen. Das erleichtert sowohl dir als auch deinem Arbeitgeber die Übersicht: Du siehst jederzeit, wie viele Stunden du geleistet hast und wann Ausgleich notwendig ist, während dein Arbeitgeber Planungssicherheit und transparente Daten für die Lohnabrechnung erhält. Wer seine Arbeitszeiten strukturiert einträgt und mit solchen Tools arbeitet, kann flexiblere Modelle leichter argumentieren und zeigt zugleich Verantwortungsbewusstsein und Professionalität.
Den richtigen Zeitpunkt wählen
Arbeitsmarktberater betonen: Timing entscheidet über Erfolg. Nach erfolgreich abgeschlossenen Projekten oder mindestens sechs Wochen vor Prüfungsphasen stehen deine Chancen besser. Vermeide Gespräche in besonders stressigen Phasen deines Arbeitgebers. Wer Prüfungszeiten und Semesterpläne frühzeitig kommuniziert, wird von Arbeitgebern als verlässlich wahrgenommen.
Überzeugende Argumente entwickeln
Formuliere deine Wünsche aus Unternehmensperspektive. Eine Wirtschaftsstudentin könnte argumentieren: "Wenn ich während der Klausurenphase von 20 auf 12 Stunden reduziere, kann ich die Differenz in den Semesterferien kompensieren und stehe dann für 35 Stunden zur Verfügung – gerade wenn viele Kollegen im Urlaub sind." Solche win-win-Szenarien überzeugen Entscheider.
Das Verhandlungsgespräch erfolgreich führen
Gesprächseröffnung und professionelle Kommunikation
Beginne freundlich und wertschätzend. Formuliere dein Anliegen klar: "Ich möchte mit Ihnen über eine Anpassung meiner Arbeitszeiten sprechen, die mein Studium berücksichtigt und gleichzeitig die Teamplanung sicherstellt." Aktives Zuhören und respektvoller Umgang schaffen eine konstruktive Atmosphäre.
Konkrete Arbeitszeitmodelle vorschlagen
Unterbreite durchdachte Vorschläge statt vager Wünsche. HR-Fachleute empfehlen, Verträge vor der Unterzeichnung zu verhandeln, damit maximale Wochenstunden, temporäre Erhöhungen in Semesterferien und Reduzierungen während Prüfungen bereits festgelegt sind.
Beispielmodelle: flexible Kernarbeitszeiten (immer dienstags und donnerstags 13-17 Uhr verfügbar), aufgabenbasierte Vereinbarungen (Projekt X bis Ende Monat, unabhängig von festen Zeiten) oder Home-Office-Optionen, die Fahrzeit sparen.
Auf Einwände reagieren
Rechne mit Gegenargumenten und bereite dich darauf vor. Wenn dein Arbeitgeber Bedenken wegen Teammeetings äußert, könnte deine Antwort lauten: "Ich kann bei wichtigen Meetings remote teilnehmen oder mir die Protokolle danach ansehen und asynchron Feedback geben." Bleibe sachlich und zeige Kompromissbereitschaft.
Kompromisslösungen finden
Erfolgreiche Verhandlungen bedeuten oft, sich in der Mitte zu treffen. Bist du flexibel für einen temporären Probelauf? Akzeptierst du, dass bestimmte "Team-Tage" nicht verhandelbar sind? Solche Zugeständnisse signalisieren Kooperationsbereitschaft und erhöhen die Erfolgsaussichten.
Verschiedene Beschäftigungsarten: Besonderheiten bei der Verhandlung
Werkstudenten: 20-Stunden-Regel beachten
Die 20-Stunden-Grenze während der Vorlesungszeit ist gesetzlich verankert und nicht verhandelbar. Überschreitungen gefährden deinen Studierendenstatus für die Sozialversicherung. Arbeitsrechtler betonen, dass gerade diese Grenze explizit im Vertrag stehen sollte, ergänzt um die Regelung für vorlesungsfreie Zeiten (dann sind mehr Stunden möglich).
In Semesterferien kannst du theoretisch Vollzeit arbeiten, solange der Durchschnitt über 26 Wochen die 20-Stunden-Schwelle nicht überschreitet – ein wichtiger Verhandlungspunkt.
Studentische Hilfskräfte an der Hochschule
Für studentische Hilfskräfte gelten oft spezifische Regelungen der Hochschule. Informiere dich über interne Vorgaben und Tarifverträge, bevor du Änderungen vorschlägst. Manche Universitäten haben festgelegte Stundenkontingente pro Semester, die nur begrenzt flexibel sind.
Studentische Aushilfen und Minijobs
Bei Minijobs liegt die Grenze bei 538 Euro monatlich. Diese Beschäftigungsarten bieten andere Flexibilitätsspielräume als klassische Werkstudententätigkeiten, sind aber oft stärker an feste Einsatzzeiten (etwa Öffnungszeiten im Einzelhandel) gebunden.
Typische Verhandlungssituationen und Lösungsansätze
Reduzierung der Arbeitszeit während der Prüfungsphase
Kommuniziere frühzeitig deinen Bedarf. Ein Maschinenbau-Student könnte vorschlagen: "In den vier Wochen vor Prüfungen arbeite ich 10 statt 18 Stunden, dafür übernehme ich im Januar, wenn das Team ausgedünnt ist, drei Wochen mit 25 Stunden." Viele Arbeitgeber akzeptieren temporäre Stundenreduzierungen, wenn sie rechtzeitig informiert werden und einen Ausgleich sehen.
Flexible Arbeitszeitgestaltung während des Semesters
Schlage Modelle vor, die deinen Stundenplan berücksichtigen. Variable Arbeitszeiten – etwa immer montags und mittwochs, aber flexibel zwischen 10 und 18 Uhr je nach Vorlesungsende – oder aufgabenbezogene Vereinbarungen können Lösungen bieten.
Aufstockung der Stunden in den Semesterferien
Die vorlesungsfreie Zeit bietet Chancen für mehr Arbeitszeit. Kläre frühzeitig, ob und in welchem Umfang dein Arbeitgeber dies ermöglichen kann. Gerade kleinere Unternehmen schätzen diese Planungssicherheit.
Vereinbarungen dokumentieren und Arbeitsvertrag anpassen
Was gehört in die schriftliche Vereinbarung?
Halte alle vereinbarten Änderungen schriftlich fest: Arbeitszeiten, Aufgaben, Vergütung und Kündigungsfristen. Arbeitsrechtler raten ausdrücklich zu schriftlichen Verträgen, die Start- und Enddatum, exakte Wochenarbeitszeit, Verteilung über Vorlesungs- und vorlesungsfreie Zeit sowie Kündigungsfristen regeln.
Änderungsvertrag erstellen
Dokumentiere Anpassungen durch einen schriftlichen Änderungsvertrag. Dieser sollte mindestens enthalten: bisherige Vereinbarung, neue Regelung, Zeitpunkt des Inkrafttretens, Unterschriften beider Parteien. Universitäten bieten oft Beratung bei der Vertragsprüfung an – nutze diesen Service.
Wenn die Verhandlung nicht erfolgreich verläuft
Realistische Erfolgsfaktoren verstehen
Verhandlungen funktionieren am besten in Branchen mit Fachkräftemangel (IT, Ingenieurwesen) oder bei etablierten Arbeitsverhältnissen mit nachweislich guter Leistung. In hart umkämpften Bereichen wie Marketing-Praktika oder bei starren Organisationsstrukturen sind die Spielräume naturgemäß kleiner.
Scheitern erste Gespräche, suche nach Teilkompromissen. Vielleicht lässt sich zunächst ein Probelauf mit reduzierter Stundenzahl vereinbaren, der bei Erfolg verlängert wird.
Grenzen und Risiken berücksichtigen
Nicht jeder Arbeitgeber kann flexible Modelle bieten. Kleine Unternehmen mit knappen Budgets, Rollen mit festen Öffnungszeiten (Kundenbetreuung, Einzelhandel) oder Teams mit strikten Abstimmungserfordernissen haben objektive Einschränkungen. Wenn du merkst, dass wiederholte Verhandlungsversuche in einer unflexiblen Organisation die Arbeitsbeziehung belasten oder deine Vertragsverlängerung gefährden, kann ein Wechsel sinnvoller sein.
Beratung und Unterstützung nutzen
Hochschulen und Gewerkschaften bieten Beratungsservices für studentische Arbeitsverträge. Ein kurzer Check durch Experten vor der Verhandlung oder Vertragsunterzeichnung kann unrealistische Forderungen korrigieren und deine Position stärken. Nutze diese Angebote – sie sind meistens kostenlos.
Häufige Fehler vermeiden: Checkliste für erfolgreiche Verhandlungen
Bereite dich gründlich vor und dokumentiere alle Vereinbarungen schriftlich. Vermeide Ultimaten und bleibe respektvoll, auch wenn die erste Reaktion negativ ausfällt. Verhandlungen, die erst nach Leistungsproblemen oder verpassten Schichten starten, haben deutlich schlechtere Erfolgsaussichten als proaktive Gespräche.
Informiere dich über rechtliche Rahmenbedingungen deiner Beschäftigungsart – die 20-Stunden-Regel für Werkstudenten, die 140-Tage-Grenze für internationale Studierende, tägliche Höchstarbeitszeiten. Kommuniziere frühzeitig (mindestens 6-8 Wochen vor kritischen Phasen) und bleib realistisch bei deinen Forderungen.
Mit der richtigen Vorbereitung, konkreten Vorschlägen und einem Verständnis für die Arbeitgeberseite steigen deine Chancen auf flexible Arbeitszeiten, die zu deinem Studium passen. Die Zahlen zeigen: Du bist nicht allein – mehr als die Hälfte aller Studierenden jongliert täglich zwischen Hörsaal und Arbeitsplatz. Die Kunst liegt darin, beides so zu verbinden, dass weder Studienleistung noch Arbeitszufriedenheit leiden.






