Gründen im Studium oder danach – Die Vor- und Nachteile

29. November 2023

ca. 7 min

Gründen im Studium oder danach - Die Vor- und Nachteile

Gründen im Studium oder danach
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Ist ein erfolgreicher Studienabschluss in greifbarer Nähe, gilt es, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Immer mehr Absolventen tragen sich mit dem Gedanken an eine Existenzgründung. Ausschlaggebend für einen erfolgreichen Start in die Selbstständigkeit kann der Gründungszeitpunkt sein.

Existenzgründung während des Studiums oder danach: Vor- und Nachteile auf dem Prüfstand

Der Wunsch, sich mit einem eigenen Geschäftsmodell selbstständig zu machen, keimt häufig bereits in jungen Jahren. Oftmals befeuern die während des Studiums bearbeiteten Themen die Intention, von der Theorie in die Praxis zu kommen. Bei allem Eifer will der Gründungszeitpunkt jedoch gut überlegt sein. Noch während des laufenden Studiums "zweigleisig" zu fahren, bringt große Herausforderungen mit sich. Dennoch kann gerade die frühzeitige Gründung künftige Karriereerfolge erzielen. Dieser Artikel beleuchtet Vor- und Nachteile beider Gründungsvarianten und wirft einen Blick hinter die Kulissen der Selbstständigkeit rund um das Studium.


Voraussetzungen für die Selbstständigkeit: Ist die Zeit reif für eine Unternehmensgründung?

Sein eigener Herr zu sein und selbstständig Entscheidungen zu treffen, ist für viele Studenten ein beruflich erklärtes Ziel, doch nicht immer sind die Voraussetzungen für den nächsten Schritt gegeben. Eine Geschäftsidee zu haben, reicht nicht aus, um mit dem Unternehmen erfolgreich zu sein. Neben Begeisterung und Motivation braucht es persönliche Eigenschaften wie Selbstdisziplin und Weitsicht. Außerdem sollte für den Start ausreichend Gründungskapital zur Verfügung stehen.

Des Weiteren ist es wichtig, dass sich Studenten Gedanken darüber machen, ob der Geschäftsbetrieb alleine oder mit einem bzw. mehreren Partnern gemeinsam ins Leben gerufen wird. Gemeinsames Gründen erfordert uneingeschränktes Vertrauen und maximale Zuverlässigkeit. Weiterhin ist es hilfreich, wenn das persönliche Umfeld den oder die Gründer unterstützt. Nicht zuletzt gilt es, ehrlich zu sich selbst zu sein und die Fähigkeit, eine mögliche Doppelbelastung zu stemmen, zu analysieren.


1. Option: Unternehmensgründung VOR dem Studienabschluss

Gründen im Studium
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Eines der Konzepte einer Selbstständigkeit ist der Schritt in die Existenzgründung, solange das Studium noch nicht abgeschlossen ist. Hierbei führt der Weg nicht wie bei vielen anderen Firmengründungen über das klassische, vorausgegangene Angestelltenverhältnis. Gleichwohl ist zu bedenken, dass die Aufmerksamkeit bei dieser Variante fortan geteilt wird und auf zwei Schwerpunkten liegen muss. Darüber hinaus sind bei dieser Option einige Besonderheiten wirtschaftlicher Natur zu beachten. Dennoch kann es für den perspektivischen beruflichen Werdegang von Vorteil sein, den Gründungszeitpunkt so früh wie möglich zu wählen und dem Studienabschluss vorausgehen zu lassen.


Vorteile der Existenzgründung während des Studiums

Die frühzeitige Gründung eines Unternehmens zeigt, dass man bereit ist, schon früh Verantwortung für sich und die berufliche Laufbahn zu übernehmen. Dazu bedarf es einer großen Portion Mut und Sachverstand. Nicht nur berufliche, auch persönliche Kompetenzen werden früh manifestiert und reichern die Job-Perspektiven an. Das macht auf potenzielle, künftige Arbeitgeber und Geschäftspartner Eindruck. Gleichzeitig vertieft die Gründung während des Studiums das Praxiswissen, was dem Studienabschluss und der beruflichen Zukunft zugutekommt.

Zusatzeinkommen zur Studium-Finanzierung

Studieren geht ins Geld - ein zusätzlicher Verdienst kommt da gerade recht. Statt einen Nebenjob anzunehmen, den man nach dem Studium höchstwahrscheinlich wieder abstreift, lässt sich die dafür aufgewendete Zeit mit einer Firmengründung bedeutend nachhaltiger nutzen. Ein Großteil dessen, was für die Firma erwirtschaftet wird, wandert in den eigenen Geldbeutel. Gleichzeitig entsteht ein berufliches Fundament, auf dem sich später aufbauen lässt.



Zeiteinteilung in Eigenregie

Die für das eigene Unternehmen aufgewendete Zeit können sich Studenten und Gründer frei einteilen. Das bietet Flexibilität beim Lernen und entzerrt die Vorbereitung auf die Prüfungen zeitlich. Wird kurzfristig ein weiterer Zeitpuffer zum Lernen benötigt, ermöglicht die Firmengründung im Vergleich zu einem Nebenjob eine organisatorisch effektivere Planung.



Nachteile der Existenzgründung während des Studiums


Auf persönliche Freizeit werden Selbstständige, die noch vor dem Studienabschluss gründen, in hohem Maße verzichten müssen. Das Geschäft und das parallel laufende Studium erfordern die gesamte Aufmerksamkeit. Da Erfahrungen erst noch zu sammeln sind, kann es sein, dass die erste Zeit von starker Unsicherheit geprägt ist.



Doppelte Energie und Priorisierung


Wer sich neben dem Studium und allen damit verbundenen Herausforderungen um das Erstellen eines Businessplans, Finanzierungsgespräche mit den Banken, die Anstellung von Personal und das Marketing für das Unternehmen kümmern muss, benötigt essenzielle Skills der Priorisierung. Da die doppelte Belastung Multitasking erfordert, besteht das Risiko, dass man den Fokus verliert und die Prioritäten ungleich gewichtet - insbesondere dann, wenn es die erste Erfahrung einer Mehrfachbelastung im Leben ist. Damit einher geht das Risiko der eingeschränkten Motivation für einen der beiden Schwerpunkte. Mit einer Gründung gehen nicht immer rosige Zeiten einher. Zu irgendeinem Zeitpunkt wird ein Problem auftreten, das die volle Aufmerksamkeit benötigt. Wer sich dann nur schwer selbst disziplinieren kann, verlagert möglicherweise seinen Blickpunkt und schiebt unangenehme Aufgaben auf. Das kann - entweder für das Studium oder für den Unternehmenserfolg - gravierende Einschnitte nach sich ziehen.



Einarbeitung in unbekannte Themen

Gründer müssen sich neben der Umsetzung des initiierten Geschäftskonzepts mit zahlreichen Aufgaben zusätzlich auseinandersetzen. Dies sind z. B. die Buchführung für das Unternehmen und die damit verbundene Art der Versteuerung. Die Suche nach einem Steuerberater, der den eigenen Ansprüchen gerecht wird, kostet ebenfalls Zeit. Weiterhin ist zu durchdenken, welche Versicherungen sinnvoll und finanzierbar sind. Welche Anschaffungen sind zu Beginn zwingend zu tätigen und welche können auf einen späteren Zeitpunkt vertagt werden? Studenten, die im persönlichen Umfeld hierbei auf Erfahrungen zurückgreifen können, sind dabei im Vorteil.




2. Option: Unternehmensgründung NACH dem Studienabschluss

Gründen nach Studium
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Mit dem Schritt in die Selbstständigkeit zu warten, kann eine Frage der Finanzen, aber auch aus anderen Gründen sinnvoll sein. Der Blick auf die Marktsituation spielt dabei eine große Rolle. Aber auch dann, wenn eine Mitgründung im Raum steht, hat die Existenzgründung nach dem Studium ihre Vorteile.




Vorteile der Existenzgründung nach dem Studium


Lässt sich während des Studiums eine Finanzierung des Gründungsvorhabens nur mit Mühe und Not auf die Beine stellen, ist es ratsamer, bis nach dem Studienabschluss zu warten. Dank der hierdurch gewonnenen Zeit kann ein Teil des Kapitals noch erwirtschaftet werden. Infolgedessen fällt die Kreditsumme geringer aus, was sich wiederum bei den Zinsen bemerkbar macht. Ist das avisierte Projekt so umfangreich, dass mehrere Gründer vonnöten sind, ist es optimaler, auf die richtigen (verlässlichen!) Personen zu warten. Wer sich bereits mit dem Lernen schwer tut, wird durch die Existenzgründung nicht entlastet. Im Gegenteil: Die Überforderung wächst. Ist das Studium gemeistert, kann mit der Firmengründung der nächste Meilenstein Schritt für Schritt gegangen werden. Je nach Persönlichkeit fällt dann oft die Motivation zur Gründung stärker aus.


BAföG, Kindergeld und Krankenversicherung


Beim Bezug von BAföG gilt eine Einkommensgrenze. Wird diese durch die Selbstständigkeit überschritten, kann die studentische Sozialleistung des Staates gekürzt werden. Mit einer Gründung nach dem Studium lässt sich dies vermeiden. Handelt es sich um ein Zweitstudium und übersteigt die selbstständige Tätigkeit 20 Stunden, kann das dabei generierte Einkommen auf das Kindergeld angerecht werden. Einkommensgrenzen gibt es ebenfalls bei der Krankenkasse. Wer sich während des Studiums nicht mit den Behörden auseinandersetzen möchte, gründet idealerweise danach.



Markt mit starkem Wettbewerb



Gilt die Unternehmensgründung einer Marktnische, die bereits einem Haifischbecken gleicht, ist es sinnvoll, die Marktsituation im Detail zu eruieren. Da dies eine sehr komplexe und zeitaufwendige Aufgabe ist, sollte man mit der Gründung nichts überstürzen. Bei einer Post-Studium-Existenzgründung können die Wettbewerbsvorteile größer sein.



Nachteile der Existenzgründung nach dem Studium



Die Zeit nach dem Studienabschluss ist eine wichtige Phase der Orientierung. Sich dann sofort in die Selbstständigkeit zu stürzen, kann übereilt und nicht bis zu Ende gedacht sein. Berufliche Erfahrungen konnten zu diesem Zeitpunkt noch nicht gesammelt werden und auch Kontakte in die Geschäftswelt sind bis dato meist nicht gegeben. Statt einer Existenzgründung kann es ratsamer sein, sich zunächst ein eigenes Netzwerk an Förderern aufzubauen, die sich beim späteren Weg in die Selbstständigkeit als wichtige Partner erweisen.

Nach den ersten Schritten ins Berufsleben ändert sich nicht selten noch einmal die persönliche Perspektive. Inwieweit der Wunsch zur Unternehmensgründung weiter besteht, bleibt abzuwarten. Existiert er auch später noch nach wie vor, können sich Gründer sicher sein, ihr Herzensprojekt gefunden zu haben.